Der Klang macht die Musik

Soundprofessor Carl-Frank Westermann bringt Marken zum Klingen

Bezeichnend und wiedererkennbar muss er sein – der Ton der eine Marke macht. Tididi-di-dim ist so ein Ton. Es ist das Klanglogo der Deutschen Telekom. Der Telekommunikationsanbieter war 1997 eines der ersten Unternehmen, das mit der Partitur aus den fünf Tönen C-C-C-E-C einen eigenes Audiologo erfand. Soundbranding heißt diese Disziplin und der Wahl-Berliner Carl-Frank Westermann ist Experte darin. Der Soundprofessor trifft immer den richtigen Ton und erfindet den perfekten Markenklang, zum Beispiel für die Marken Allianz, Siemens oder Ebay.

Klang schafft Wiedererkennungswert

Die Musik hat den Berliner schon immer umgeben, zuerst in einer klassischen Musikausbildung und später in den 1980er-Jahren am Keyboard der Band Fehlfarben. Als er ins bürgerliche Leben zurückkehrt, studiert er Betriebswirtschaftslehre und Psychologie in Hamburg. Als Projektmanager der Agentur Metadesign hat er gemerkt, dass in vielen Projekten der Klang unterrepräsentiert war. „Dabei ist der Sound wichtig für den Wiedererkennungswert einer Marke. Und er hat daneben viel mit unser aller Leben zu tun, mit Gefühl und Leidenschaft“, erklärt Carl-Frank Westermann. Heute spielt der geborene Hamburger so gekonnt auf der Klaviatur des Soundbrandings, dass er mittlerweile mit seiner eigenen Agentur für Markenentwicklung WeSound die Großen der Branche betreut und zudem an der Berliner Universität der Künste Sounddesign lehrt. Daneben referiert er regelmäßig in Vorträgen über Klang als Komponente der Markenführung.

Schon eine knappe Tonkombination lässt Bilder im Kopf entstehen

Unternehmen haben erst in den 1990er-Jahren erkannt, dass zu einem äußeren Erscheinungsbild neben einem sichtbaren Logo auch ein hörbares nötig ist. Heute führen die meisten Marken ein eigenes Soundlogo. „Über einen Sound entstehen Bilder im Kopf. Sie erzeugen Stimmung. Über Klänge unterscheiden sich Marken von anderen und steigern das Image. Das gilt auch für das Internet.“ Dabei genügt schon eine knappe Tonkombination, etwa die drei himmlischen Töne eines Knabenchors des ehemaligen Klanglogos von Mercedes Benz oder der Herzschlag von Audi, der sich von 1994 bis 2010 gehalten hat und heute kürzer, dynamischer und mit technischen Klängen gemischt wurde, oder das Soundlogo von BMW. „Diese Beispiele zeigen, dass mit einem Audio-Logo auch ein Paradigmenwechsel einhergehen kann: Die Marke Audi galt lange Zeit als eine Marke für alte Männer mit Hut. Heute symbolisiert Audi Dynamik, BMW steht für Fahrfreude und Mercedes für Kultiviertheit.“

Wurzeln des Soundbrandings im Zweiten Weltkrieg

Die Wurzeln des Soundbrandings findet Carl-Frank Westermann schon bei der britischen Rundfunkanstalt British Broadcasting Corporation. Die BBC war im Zweiten Weltkrieg zwischen 1939 und 1945 der Feindessender schlechthin, ihn zu hören war in Deutschland verboten. Die BBC eröffnete ihr Programm mit dem Anfangsmotiv aus Beethovens 5. Sinfonie. „Die tiefen Paukentöne Ta Ta Ta Taaa waren das Erkennungszeichen des Senders. Die Lautmalerei steht in der Morsesprache (···-) für die römische Ziffer V – und V steht für Victory gleich Sieg.“

Klangimperialismus der Telekom

Eine Marke hat es geschafft, wenn sie ins kulturelle Bewusstsein der Verbraucher gelangt. Und das weltweit – wie es McDonald’s mit dem Slogan I’m lovin‘ it vorgemacht hat. „Mit ihrem Brandvoice schafft es McDonalds sogar um die ganze Welt“, so Carl-Frank Westermann. „Auch der brüllende Löwe als Hörmarke der Metro-Goldwyn-Mayer-Studios hat sich seit 50 Jahren eingeprägt sowie auch das Musikthema aus dem Western Die glorreichen Sieben von 1960 für die Zigarettenmarke Marlboro.“ Das Klanglogo der Deutschen Telekom hält Carl-Frank Westermann mittlerweile für „zu sehr gestresst, gepitcht. Die Ursprungsidee ist gut: Mit diesen fünf Tönen assoziieren wir Telegrafen. Aber erst nach zehn Jahren hat die Telekom das Thema weiter inszeniert. Heute halte ich das für Klangimperialismus der Telekom – ähnlich wie beim Sparkassen-Thema. Man will unbedingt gehört werden. Das ist ein Kampf des Gehörs. Die Telekom hat uns damit keinen Dienst erwiesen.“

Interview erschienen 2012 auf labkultur.tv

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